Unterwegs am Bike – Die Trails von Saalbach, Petzen, Weissensee, Miesenbach

Sommer ist der neue Winter. Je nach Budget und Verständnis der Tourismusverantwortlichen tauchen in den letzten Jahren auch bei uns in Österreich immer mehr abfahrtsorientierte Mountainbikemöglichkeiten rund um meist nur im Winter genutzte Infrastruktur auf. Sie sorgen dafür, dass nun Budget und Verständnis der Tourismusverantwortlichen wachsen. Und vor allem die Freude bei vielen, vielen Radlern.

Sorgt auch für Freude: Das Pferd (links).

Wir haben uns in den letzten Wochen abseits der uns regional bekannten (und vielleicht eher geheim gehaltenen) Wegerln ein paar Biketourismusdestinationen angesehen. Was hier folgt ist ein sehr subjektiver Blick, vom Pinzgauer Platzhirschen bis zu den kleinen oststeirischen Familientrails.

Wie gesagt, subjektiv, denn so soll es sein.

Beginnen wir protzend.

Saalbach

Die wissen eindeutig, was sie tun, und meiner Meinung nach passt das Mountainbiken im Sommer viel besser zum Tal als das Freeriden im Winter.

Infrastruktur
Tiptop. Alles da was man sich wünscht. Freundliche Liftler und Liftlerinnen (Gewinner: Schattberg), Waschstationen, Speicherseen zum Abkühlen, Shops, Gastronomie mit manchmal Eiskaffee.

Trails
Gewinnner: X-Line. Star: Hacklberg und Buchegg. Außer Konkurrenz: Wanderweg unterm Hochalmtrail. Absteiger: Z-Line. Soziale Empfehlung: Asitztrail, wo sich die Fullface- und Spandexfraktion mit Wanderern und Weidevieh einen Weg teilt. Samstag Vormittag ein unvergleichlich lustiges Schauspiel, das Demut üben lässt.

Gut übrigens, mitten in Österreich ein ganzes Tal mit so durchgängig Bikefreundlicher Einstellung zu finden. Fast Livigno-Feeling.

Horst bei der Arbeit auf der X-Line. Verschwommenes Bild heißt: Der Mann ist schnell!

Petzen

Na gut, wenn im Vorfeld nicht nur Bikemedien sondern auch die Supermarktkassiererin meines Vertrauens den Petzen Flow Trail lobt, bin ich grundsätzlich eher misstrauisch. Zu Unrecht. Am Petzen herrscht wirklich entspannte und entschleunigte Stimmung, das Angebot ist im Vergleich zu Saalbach überschaubar, aber gut und eigentlich günstig.

Infrastruktur
Passt. Die Gondelfahrt fordert zwar hitzetechnisch, dafür sind die Bikes außen und die Preise extrem fair. Der Nachwuchs fährt zum Beispiel vier Stunden um 12 Euro. Besonders gut ist den Kärntnern der Übungsparcour bei der Talstation gelungen, sowas wünscht man sich in jedem Dorf statt dem lokalen Kriegerdenkmal. Minimalshop ist da, Waschstation ebenfalls.

Trails
Der Flow Country Trail ist zu Recht berühmt. Über 11 Kilometer lang perfekt gebaute Anlieger und Tables. Ab der zweiten Abfahrt stellt sich der Flow nämlich wirklich ein und man fliegt mit Tunnelblick durch den Wald. Nachdem er keine technische Gefährlichkeit bietet, ist er auch für Anfänger geeignet, andererseits kann man ihn mit dem motivierten Freeridenachwuchs im Nacken auch in etwas mehr als einer Viertelstunde durchfahren, um sich nachher vollkommen sprachlos anzugrinsen. Vong Flow her.
Petzen Thriller: Wir sind die ersten Sektionen des Enduro Trails gefahren, die zwar technisch, aber wirklich schön sind. Ungut sind oben die golfballgroßen Steine auf erdigem Untergrund, aber das gehört meiner Meinung nach dazu und macht (gerade ein paar Tage nach dem Speed in Saalbach) den Reiz des Mountainbikens aus.

Nettigkeitsfaktor in der Region übrigens sehr hoch. (Abgesehen vom seltsamen Vibe in Völkermarkt, wo einige dem betrunken verunglückten ehemaligen Landeshauptmann scheinbar noch nachtrauern.)

@jkbilikemybike genießt noch die Landschaft. Dann Tunnelblick.

Weissensee

Der Weissensee gilt ja als eines der urtypischen österreichischen Tourismusbilder, und ich finde absolut zu Recht. Es ist schon sehr schön dort oben. Und es gibt liebevoll gebaute, mit Liftunterstützung erreichbare Trails. Wir haben uns zwei (den ‘mittleren’ und den ‘schweren’) angesehen.

Infrastruktur
Mit dem Sessellift nach oben zu gondeln ist meistens feiner, als in der Gondel nach oben zu sesseln. Pluspunkt hier also. Abzug für die personelle Fehlbesetzung an der Kassa, er kann mit Touristen im Allgemeinen und Bikern im Speziellen offensichtlich wenig anfangen. Der Übungsparcour oberhalb der Talstation hat Verbesserungspotential. Die Balancestrecken sind lässig, über die Wippe kann man allerdings ungut abgehen. Insgesamt wirkt das ein bissl lieblos. Schaut mal beim Petzen vorbei. Die Waschstation ist sehr gut, weil auch mit Bürsten bestückt. Und der See daneben ist sowieso geil.

Trails
Den Weissensee Singletrail gibt es seit einigen Jahren, ein – jahreszeitlich bedingt – staubiger aber abwechslungsreicher Weg mit etwas über 3 Kilometer Länge. Das Internet schreibt irgendwo von S2, was ich für übertrieben halte. Es gibt keine unguten technischen Überraschungen, die Wurzelstufen sind schön zu fahren. Eventuell ist er nach Regenfällen übermäßig matschig, allerdings: Keine Ahnung, bei uns war’s trocken. Staubtrocken. Der Panorama West ist neu (er wird offiziell in einem Monat eröffnet), wurde uns als ‘schwer’ beschrieben, ist er aber nicht. Aufpassen sollte man bei den gut gebauten Anliegern im steileren Gelände. Sonst verspielt und flowig, bis er wieder im unteren Weissensee Trail mündet.

Da sie dort ja alle Segmente des Mountainbikens bedienen, sind natürlich viele aufstiegsorientierte Fahrer unterwegs. Ich finde das erstens gut, weil ich diese Vielfalt mag, und zweitens gibt es eine perfekt zu fahrende Forststraße mit lässigen Ausblicken, um die 400 Höhenmeter gemütlich hinaufzukurbeln und den Lift zu sparen.

Der Freeridenachwuchs sieht Staub.

Miesenbach

Schon Ende Juni waren wir bei der Eröffnung des Traillands Miesenbach bei Birkfeld. Im Joglland. In der Oststeiermark. Diese Initiative zeigt, wie das Mountainbiken sowas wie der Wald- und Wiesenschlepplift der Siebziger Jahre werden kann, bei dem sich einst die Dorfgemeinschaft bei Ortsmeisterschaften und Paniertem im Liftstüberl getroffen hat. Aber ich schweife ab.

Infrastruktur
In Zukunft, so sagt man uns, soll man den Lift auch im Sommer zum Aufstieg nutzen können. Momentan ist er noch ein wunderschönes architektonisches Denkmal, aber da macht meine Leidenschaft für alte Schlepplifte ein wenig voreingenommen. Die Auffahrt führt zur Hälfte über die asphaltierte Straße, zur Hälfte über einen gebauten Uphill Trail. Höhendifferenz? Rund 100 Höhenmeter. Waschstation, Bikeschule und gute Kuchen gibt es beim Gasthof Wiesenhofer, der die Rolle des Liftstüberls im 21. Jahrhundert übernimmt.

Trails
Beim Schlepplift haben sie zwar natürlich kurze aber erstaunlich viele Trails hingezaubert. Einen Flow Trail, der hält, was er verspricht, einen Panorama Trail zum ersten Airtime üben, eine Linie durch den Wald, die folgerichtig ‘Forest Trail’ heißt und am ersten Tag noch sehr schottrig war. Für die Gravitationsjungs und -mädels eine Pipeline (gutes Ding) und viele, viele Möglichkeiten für den jungen und ganz jungen Nachwuchs.

“Leg’ dich nicht mit mir an!” Panoramacircle Miesenbach

Das Trailland Miesenbach und Projekte ähnlicher – geringer – Größenordnung leben vom Engagement der ansässigen Bikeenthusiasten mit oft wenig Budget. Dafür sind solche Initiativen von starkem Lokalkolorit geprägt, das Puntigamer wird mit Stolz getrunken und die Leidenschaft fürs Radeln ist überall spürbar. Unterstützt das soweit ihr könnt.

Sieht man sich die touristische Tendenz an, so sind in den letzten zwei Stunden, in denen dieser Text entstanden ist, in Österreich wahrscheinlich mindestens vierzehn neue Trails geschlüpft. Die Entwicklung bleibt also aus ökologischer wie ökonomischer Sicht spannend und vergesst nicht: It’s all about the bike.*

(* Natürlich nur im Sommer. Eh klar. Schnappatmung.)

Über den Autor

Stephan Skrobar ist staatlich geprüfter Skilehrer und Skiführer, Alpinausbildner für den steirischen Skilehrerverband, Team Manager des Pieps Freeride Teams und Leiter vom ‚Die Bergstation Freeride & Alpin Center‘. Und seit heuer Mountainbike Guide.
Stephan betreibt eine Kommunikationsagentur und liebt Punkrock. Beide (Stephan und Punkrock) sind nicht immer ernst zu nehmen.